Engagement für obdachlose Menschen - FH-Absolventin ist Kärntnerin des Jahres

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Bild: KLEINE ZEITUNG/HELMUTH WEICHSELBRAUN
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Geehrt wurde Anna Kurasch für ihr Engagement für obdachlose Menschen in Klagenfurt.
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Anna Kurasch auf der Gala-Nacht in Velden.

Zur Kärntnerin des Jahres gekürt wurde die Absolventin des Studiengangs Soziale Arbeit der FH Kärnten, Anna Kurasch. Im Interview spricht sie über ihre Erfahrungen nach dem Studienabschluss.

Geehrt wurde Anna Kurasch für ihr Engagement für obdachlose Menschen in Klagenfurt. Die Sozialarbeiterin steht ihnen helfend zur Seite, wenn es darum geht in ein geregeltes Leben zurück zu finden. Zudem betreut sie das Caritas-Kältetelefon.

 

Sie sind Kärnterin des Jahres. Was hat sich für Sie ganz persönlich verändert?

Es kommen sehr viele Freunde, Bekannte und Familienmitglieder auf mich zu, um mir zu gratulieren. Die positiven Rückmeldungen und meine Familie so stolz zu sehen, ist wunderschön für mich.

Ich glaube, diese Auszeichnung hat mir persönlich verdeutlicht, wieviel Rückhalt ich in meinem Leben habe und mir wieder vor Augen geführt, dass es sehr viele Menschen in meinem Leben gibt, die hinter mir stehen und mich lieben.

Welche Auswirkungen hat diese Auszeichnung auf Ihre Arbeit oder anders gefragt: Können Sie für Ihre Arbeit direkten Nutzen daraus ziehen?

Ich versuche in der Arbeit immer 110 Prozent zu geben und habe dadurch ein sehr gutes Netzwerk aufgebaut mit Kooperationspartnern, die gerne mit mir zusammenarbeiten. Daher habe ich in dieser Hinsicht noch keine Veränderung gemerkt. Allerdings entgegnen mir gerade neue KlientInnen, die diese Auszeichnung verfolgt haben, mit einem gewissen „Vertrauensvorschuss“- wenn ich das so nennen darf.

Können Auszeichnungen wie „Kärntnerin des Jahres in der Kategorie Soziales Gewissen“ ihrer Meinung nach dazu beitragen den Stellenwert der Sozialen Arbeit insgesamt zu fördern?

Ich hoffe es sehr! „Soziale Arbeit“ ist eine Berufssparte die meist erst dann an die Öffentlichkeit dringt, wenn etwas gravierend schiefgegangen ist oder grobe gesellschaftliche Probleme auftauchen.

Die eigentliche Arbeit verläuft eher im Hintergrund: Gesehen werden die zehn Obdachlosen, die unter Alkoholeinfluss in einem Park lärmen - nicht jedoch die anderen 800 Personen, die mit Unterstützung von SozialarbeiterInnen (zum Beispiel) wohnversorgt, finanziell gesichert oder mit gesundheitlichen Maßnahmen aufgefangen werden.

Diese Auszeichnung hilft die positiven Seiten der Arbeit in die Medien zu bringen. Zeitungen, Fernsehen und Radio sind auf mich zugekommen und mit etwas Glück ist es mir vielleicht gelungen für einen Augenblick den Fokus auf die Menschen zu richten, die am Rande unserer Gesellschaft stehen.

Was ist Ihre derzeitige Tätigkeit, was sind Ihre wichtigsten Aufgaben?

Ich bin Streetworkerin - das bedeutet, dass ich Menschen aufsuche, die in unterschiedlichen Lebenssituationen Unterstützung benötigen und erarbeite gemeinsam mit meinen KlientInnen individuelle Lösungen.

Die Problemfelder können ganz unterschiedlich sein. Manchmal geht es um harmlose Themen wie das Finden einer geeigneten Ausbildungsstelle oder Begleitung zu einem Arzttermin, zu dem die betroffene Person sich nicht überwinden kann. Oft sind es jedoch existenzielle Themen wie Wohnungsverlust, Obdachlosigkeit, Drogen- oder Alkoholabhängigkeit, finanzielle Krisen, aber auch Missbrauch und Kriminalität werden häufig thematisiert.

Wie hat Sie Ihr Studium an der FH Kärnten auf das Berufsleben bzw. Ihre derzeitige Tätigkeit vorbereitet?

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich am Beginn meiner beruflichen Laufbahn dachte, ich hätte den Beruf auch ohne meine Ausbildung ausüben können. Sehr hochmütig gedacht!

Mittlerweile bin ich der FH Kärnten sehr dankbar für die sorgfältige Vorbereitung. Laufend wende ich Theorien in der Praxis an und wäre ohne beispielsweise der „Paradoxen Intervention“ schon in heikle Situationen geraten. Das Menschenbild, welches mir in der FH vermittelt wurde, prägt meine Arbeit tagtäglich und unterstützt mich dabei unbefangen auf meine KlientInnen zuzugehen, eine professionelle Distanz zu bewahren und sie auch nach dem hundertsten Rückschlag nicht fallen zu lassen. Mein Studium hat mich nicht nur für die tagtägliche Arbeit gerüstet, sondern auch vor Burnout gewarnt und das Thema „Reflexion“ so oft erwähnt, bis es in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Was würden Sie Menschen raten, die gerade vor der Entscheidung stehen, ob sie ein Studium im Sozialen Bereich aufnehmen sollen?

Soziale Arbeit zu studieren ist zu empfehlen. Aus meiner Sicht kann auch für das eigene Leben sehr viel herausgeholt werden. Doch nicht jeder/jede ist für das Berufsleben im Sozialbereich geeignet. Viele denken, dass Sie aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen (Drogenabhängigkeit, Missbrauch, etc.) anderen Personen in ähnlichen Situationen helfen können, doch das kann sehr danebengehen. Die eigene Lösung muss nicht für eine andere Person geeignet sein; speziell durch fehlende Distanz und Problem-Projizierung, kann dem/der KlientIn und einem selbst, sogar geschadet werden.

Ich selbst nehme meinen Job als wunderschön und abwechslungsreich wahr, ich darf kreativ und spontan sein, habe die Abwechslung zwischen Büroarbeit und Kontakt zu Menschen und es wird ganz bestimmt niemals langweilig. Doch die niederschwellige Arbeit ist auf der anderen Seite auch sehr fordernd: Stress und Terminkollisionen, der Tagesablauf ist oft sehr chaotisch und nicht immer im Voraus planbar, die Erwartungshaltungen (von KlientInnen/ Behörden/ Angehörigen…) sind häufig unrealistisch hoch, der Geruchssinn wird immer wieder auf die Probe gestellt und die Launen der KlientInnen müssen wie an einem Schutzschild von einem abprallen. Dennoch habe ich meine Berufswahl noch nie bereut.

Was hat Ihnen am Studium an der FH Kärnten am Besten gefallen?

Von Anfang an, hat es mich sehr gefreut, dass ich in meinem Studium einen Einblick in mehrere Bezugswissenschaften der Sozialen Arbeit erlangen konnte wie zum Beispiel Recht, Medizin und Psychologie. Auch die Praktika waren sehr spannend und hilfreich.

Ihr Studium in vier Worten?

Hab es niemals bereut.

 

Herzlichen Dank für das Interview!